Vorwort

 

Die Vorgänge um das deutsche Handelsschiff "Tacoma" und ihre Besatzung wurden in der Vergangenheit überhaupt nicht entscheidend thematisiert, obwohl auch dieser Abschnitt beherrschend dazugehört– es wurde, dabei belassen zu berichten, dass das Schiff "halt einen Hilfsdienst für die Besatzung" der "Graf Spee" leistete. Das die "Tacoma" und ihre Besatzung dafür Tage später in Uruguay interniert wurde, behandelte man bisher als Fußnote ! Aber wie begann alles …

 

Nachstehende Angaben sind den amtlichen Angaben der uruguayischen Regierung aus dem "Blau-Buch" entnommen und Weiterer Dokumentation.

 

z.Zt. wird versucht, über das Archiv der zuständigen Reederei, Weiteres zu erfahren. Da die amtlichen Angaben nicht nur in Spanisch aufgeschrieben, sondern auch sehr bürokratisch abgefasst sind, wurden die Vorkommnisse auf das Wesentliche gekürzt, ohne aber wichtige Details zu verlieren.

 


Der Stapellauf 1930
Der Stapellauf 1930

Schiffsdaten

 

Die "Tacoma" gehörte der Reederei Hamburg – Amerika Linie - HAPAG. Gebaut von "Deutsche Werft AG" Hamburg – Finkenwerder. Sie hatte 8.268 BRT; mit ihren vier Dampfturbinen, 6200 PS, waren ca. 15 Kn möglich.

Der Stapellauf war am 08. Februar 1930 – sie gehörte zur "San Francisco-Klasse" und war für Massengut, Stückgut und Kühlladung konzipiert.

 

 

Neben ihrer 72-köpfigen Besatzung bot sie in der 1. Klasse 25 und in der 2. Klasse 24 Passagieren Platz - die Jungfernreise startete am 19. April 1030 von Hamburg zur Westküste Nordamerikas. Hier gut zu sehen, der markante ockerfarbene Schorstein mit der schwarz-weiß-rote Kappe, das spätere Erkennungsmerkmal der HAPAG-Schiffe.

Die eindeutige Nummer war 84411 - das Rufzeichen war DHXD


Talcahuano in Chile

 

Es ist z.Zt. nicht bekannt, wann die "Tacoma" in dem Hafen Talcahuano / Chile einlief - zumindest ist aber aus unbestimmten Quellen zu erfahren, dass das Schiff als Auflieger bezeichnet wurde.

Denkbar ist, dass sie zu Kriegsbeginn in den Hafen von Talcahuano eingelaufen war und zunächst außer Betrieb genommen wurde, um Liegegebühren zu minimieren; hinzu kam gewiss auch der Austausch der Besatzung, was doch erhebliche Zeit in Anspruch genommen haben muss.

 

Zumal die Mannschaft, die bis dahin mehrheitlich aus chinesischen Seeleuten bestand, aufgrund einer Meuterei, die Gründe wurden nicht näher beschrieben, in Talcahuano von Bord gehen mussten.

 

Die neue Besatzung wurde aus dem Personal anderer deutschen Schiffe die in chilenischen Häfen lagen, gebildet; besonders Schiffsjungen der Viermastbark "Priwall", die Ende August 1939 eine Werft in Talcahuano aufgesucht hatte.

  • Aus den amtlichen Bericht betreffend das Handelsschiff "Tacoma" der Präsidialkanzlei in der Hauptstadt Santiago de Chile wird zu den Einzelheiten zur Ausreise des unter deutscher Flagge fahrenden Schiff "Tacoma" aus dem Hafen von Talcahuano Chile berichtet dass die "Tacoma" am 09. November 1939 den Hafen verließ mit Bestimmungsort Hamburg.
  • Und weiter: Die "Tacoma" hatte Frachtgut für Hamburg geladen, das in den Häfen von Vancouver, San Francisco und Los Angeles, übernommen worden war. In Talcahuano wurde kein Brennstoff übernommen; lediglich wurde das Schiff mit reichlich Lebensmitteln verproviantiert, um nach Europa zu kommen.
  • Auch führte das Schiff keine Ladung für Montevideo, auch nicht für Buenos Aires, ebenso wenig für die brasilianischen Häfen.

 


Montevideo

  • Aus den amtlichen Eintragungen auf Blatt 242 des "Libro de Entrada y Salida de Buques de Ultramar" (Buch der Ein- und Ausfahrten von Überseeschiffen) ist zu entnehmen das die "Tacoma" am 22. November 1939 in den Hafen von Montevideo eingelaufen war. Und weiter dass die "Tacoma", 8.268 BRT, unter deutscher Flagge fahrend, 62 Besatzungsmitglieder an Bord hatte – keine Passagiere. Herkunft: Talcahuano – zuständige Vertretung: Bernitt & Cia - deutsche Schiffsagentur in Montevideo, calle Misiones N° 1472 . Name des Kapitäns: Hans Konow.

Der einzige Grund für das Einlaufen in Montevideo war, dass die Schiffsführung 1.600 to. Dieseltreibstoff und 30 to. Gasöl übernehmen wollten, um die Reise nach Hamburg fortsetzen zu können. Da nun inzwischen der Krieg begonnen hatte und die "Tacoma" unter der deutschen RK-Flagge fuhr wurde das Ansinnen zunehmend komplizierter, denn nun wurde im Laufe des Verfahrens der ganze Vorgang von den Vorgaben der "Genfer Konvention" und den "Zusatzvereinbarungen von Den Haag" abhängig.

 

Für die Abwicklung der Verproviantierung von deutschen Schiffen war das Handelsunternehmen "Ribereña del Plata" - "Compania Sudamericana de Comercio S.A" – zuständig das bekanntermaßen durch die Deutsche Handelskammer in Buenos Aires verwaltet wurde und auch eine Vertretung in der Straße Piedras 350 in Montevideo hatte.

  • Zunächst aber musste der Kauf des Brennstoffes über die uruguayische "Nationalen Verwaltung für Brennstoff, Alkohol und Portlandzement" abgewickelt werden, die wiederum beim dem "Ministerium für Industrie und Arbeit" die erforderliche Ausfuhrbewilligung beantragen musste - gemäß eines Regierungserlasses vom 14. September 1939. Dieses Prozedere begann am selben Tag des Einlaufens.
  • Am 25. November 1939 entschied das "Ministerium für Industrie und Arbeit", dass angesichts der hohen Menge an Brennstoff, der für den eigenen und ausschließlichen Verbrauch des deutschen Schiffes "Tacoma" beantragt wird, die Angelegenheit dem "Außenministerium" vorzulegen mit der Bitte um Äußerung darüber, ob mit der fraglichen Verproviantierung die Neutralitätsgesetze nicht verletzt werden oder nicht.
  • Am 28. November 1939 äußerte sich das "Außenministerium" dahingehen, das um die Maßnahmen genau zu bestimmen, die bei dem deutschen Handelsschiff "Tacoma“ angewandt werden müssen, es zunächst notwendig ist zu wissen, ob das Schiff, das die Flagge eines kriegsführenden Landes zeigt, zu der Kategorie derjenigen gerechnet werden kann, die zu erlaubten Handelsoperationen bestimmt sind und wo die Neutralitätsregeln angewandt werden können.
  • Und weiter, ob bei der Ausfahrt eine "Erklärung des konsularischen Vertreters des betreffenden Landes erforderlich ist, in der die Anlaufhäfen und der Zielhafen anzugeben sind und in der die Versicherung abgegeben werden muss, dass der Zweck der Reise ein rein handelsmäßiger ist".
  • Sind diese Bedingungen erfüllt, so ist das "Ministerium für Industrie und Arbeit" ermächtigt, lediglich die angemessene Menge Brennöl und Gasöl zu bewilligen, damit das Schiff in direkter Reise zum Bestimmungshafen gelangen kann.

Begründet wurde das mit:

  • Die auf der kürzlich in Panama stattgefundenen Konferenz aller amerikanischen Staaten befürwortet Normen im gegenwärtigen Kriegszustand die Brennstoffbelieferung auf die notwendigen Mengen zu beschränken, damit das Schiff bis zum ersten Anlaufhafen außerhalb der Hoheitsgewässer gelangen kann.

Mit dieser Stellungsnahme begann am 29. November 1939 "der Gang durch die Instanzen". Daran beteiligt war das "Ministerium für Nationale Verteidigung", die "Generalinspektion der Marine", die "General-Präfektur der Häfen" und das "Hafenamt" selbst.

  • Das Problem war, dass der Kapitän, der "Tacoma", Hans Konow, den Behörden erklärt hatte, dass er "unter Zwang einlaufen musste", um das Schiff mit Brennstoff für die Maschinen zu versorgen. Und weiter, dass er "keine konsularischen Papiere für den Hafen von Montevideo besaß, in denen die Anlaufhäfen und der Bestimmungshafen angegeben waren und wo außerdem versichert wurde, dass die Reise reinen Handelszwecken diente".
  • Am 05. Dezember 1939 schaltete sich die Deutsche Gesandtschaft in Montevideo ein, in dem diese bescheinigte, dass das Handelsschiff "Tacoma" sogleich nach Beendigung der Übernahme von Brennstoff in Montevideo gemäß dem Handelsabkommen zwischen Uruguay und Deutschland direkt nach Hamburg auslaufen wird, ohne andere Häfen infolge der Kriegslage anzulaufen und dass die Reise reinen Handelszwecken dient. gez. P. Rademacher Erster Sekretär - Deutsche Gesandtschaft in Montevideo.
  • Am 06. Dezember 1939 verfügte das "Ministerium der Nationalen Verteidigung", dass im Einklang mit den Vorschriften des Artikels 1 des nationalen Erlasses vom 14. September 1939 über die Ausfuhr von Brennstoffen, die Belieferung des deutschen Handelsschiffes "Tacoma" durchgeführt werden kann.
  • Am 07. Dezember 1939 ermächtigte das "Ministerium für Industrie und Arbeit" die "Nationale Verwaltung für Brennstoff, Alkohol und Portlandzement" auf Rechnung der "Ribereña del Plata", "Compania Sudamericana de Comercio S.A.", das deutsche Schiff "Tacoma" mit der Menge von 1.600 to. Brennöl und 30 to. Gasöl zu beliefern. Nach den getroffenen Feststellungen bei dieser Transaktion sind die in dem Artikel 12 des Erlasses vom 7. August 1914 und Artikel 2 des Erlasses vom 15. Dezember 1914 vorgesehenen Vorschriften der Seeverkehrsregeln die zu beachten sind betreffend der Schiffe "Kriegsführender Länder" erfüllt worden.

 

Bis nun diese Verfügung alle Instanzen durchlaufen hatte, dauerte es nochmals eine Woche – am 13. Dezember 1939 bescheinigte das "Hafenamt" die Kenntnisnahme. Danach übernahm die "Tacoma" zeitnah das benötigte Brennöl bzw. Gasöl.

 

Im selben Zeitraum war die "Admiral Graf Spee" in den Hafen von Montevideo eingelaufen – die Brückenwache auf der "Tacoma" ist sicher zunächst aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen, als ein deutsches Kriegsschiff im äußeren Hafenbecken bzw. Vorhafen auf Reede, vor der "Tacoma“ stoppte und Anker warf.


Während für die "Admiral Graf Spee" und ihre Besatzung letzte Vorbereitungen laufen, schreibt der Kapitän der "Tacoma", Hans Konow, am 17. Dezember 1939 an den Hafenpräfekten FKpt. Juan I. Miller folgende Zeilen:

 

>> Außergewöhnliche Umstände nötigen mich heute Nacht dringend auszufahren, und da es Sonntag ist und die Zeit drängt, ist es mir nicht möglich, mein Schiff wie gewöhnlich durch meine Agentur abfertigen zu lassen. Ich bitte daher den Herrn Präfekten, freundlichst diese Erklärung entgegen zu nehmen <<.

Mit größter Hochschätzung

Gez. H.Konow

Kapitän des Handelsschiffes "Tacoma".


Untersuchungsausschuss

 

Aus diesem Anlass übergab die General-Präfektur, FKpt. Juan I. Miller, am 18. Dezember 1939 dem Untersuchungsrichter

KKpt. Yolando D. Mognoni den Vorgang und ernannte ihn zum Untersuchungsrichter für die Aufarbeitung der Gründe der überraschenden Ausfahrt des unter deutscher Flagge fahrenden Handelsschiffes "Tacoma" aus dem heimischen Hafen am

17. Dezember und die Mitwirkung des genannten Schiffes bei den Vorkommnissen am selben Nachmittag wo danach das deutsche Panzerschiff "Admiral Graf Spee" in Brand geriet.

 

Zum Zweck der Befragungen wurde der Sekretär, Maat Adolfo Otero ernannt, der den Treueid auf gewissenhafte Amtsführung leistete; als Dolmetscher wurde der Obermaat Arnold Glutz ernannt.

  • Am selben Tag, 18. Dezember 1939, wurde angeordnet, dass um 16.30 Uhr folgenden Herren vor Gericht geladen und erscheinen sollen: der Kapitän, der Erste Offizier, der Zweite Offizier, der Erste und der Zweite Maschinist des deutschen Handelsschiffes "Tacoma" und die Herren Bernitt & Cia., die Agenten des besagten Schiffes.

Als Erster wurde Hans Konow befragt und der zu seiner Person angab 55 Jahre alt zu sein, Deutscher, Kapitän der "Tacoma" und wohnhaft auf demselben deutschen Schiff.

  • Zur Sache gab er an, er hätte den Hafen verlassen, um der Besatzung des deutschen Panzerschiff "Admiral Graf Spee" zu helfen, im Falle, dass sie Schiffbruch erlitten und seiner Hilfe bedurft hätten und er keinen besonderen Bestimmungsort hatte.
  • Befragt, weshalb er weder einen Lotsen, die Abfertigung, noch die Schiffsagentur, benachrichtigt hatte, sagte er: das wäre angesichts der Dringlichkeit des Falles und aus Zeitmangel unterblieben, und wie er es auch in einem Brief an die General-Präfektur der Häfen, erklärt hat.
  • Befragt, ob er die Besatzung des Panzerschiff "Admiral Graf Spee" an Bord nahm, auf wessen Anordnung und zu welchem Zweck, sagte er: "ja", er nahm die Besatzung des Panzerschiffes an Bord seines Schiffes, und dies geschah auf Aufforderung des Kommandanten des genannten Panzerschiffes, weil an Bord des selbigen nur die benötigte Besatzung zum Auslaufen verbleiben sollte.
  • Befragt, wie viele und wo er diese übernahm, sagte er: er könne die Anzahl nicht genau angeben, aber er glaube, dass es ungefähr 500 waren.
  • Befragt, an welcher Stelle diese Übergabe erfolgen sollte, sagte er: es wäre am Schifffahrtsweg gewesen, vier Meilen von der Küste entfernt.
  • Befragt, ob er weiß, wohin die argentinischen Fahrzeuge mit den Besatzungsmitgliedern des deutschen Panzerschiffes wollten, sagte er: "nein".
  • Befragt, ob er noch etwas hinzuzufügen hätte, sagte er:"ja", die Überschreitung, die er begangen haben könnte, sei durch die Dringlichkeit begründet mit der er auslaufen musste, um nach den einfachsten Grundsätzen der Menschlichkeit, den etwaigen Schiffbrüchigen zu helfen die sich dann in Gefahr befunden hätten, und es sei nicht seine Absicht gewesen, die Behörden zu verletzen oder die Vorschriften nicht zu erfüllen. Befragt, worauf er seine Aussagen stütze, sagte er: auf seine Mitwirkung in der Angelegenheit.

       Kapitän Hans Konow

 

Danach wurde der Erste Offizier Otto Faller 50 Jahre alt und der Schiffsingenieur Georg Biermann 59 Jahre alt, beide Deutsche, befrag.

 

Da die Befragung inhaltlich nicht abwich, und auch die Antworten der beiden Offiziere vergleichbar mit denen des Kapitäns waren, erübrigt sich darüber zu schreiben.

  • Zum Schluss wurde der Reedereivertreter befragt, der aber nur zur Person angaben machen konnte: Rodolfo Bernitt 65 Jahre alt Deutscher und wohnhaft in Montevideo calle Misiones N° 1472.
  • Die Frage, ob er Reedereivertreter des deutschen Handelsschiffes "Tacoma" sei, beantwortete er: mit "ja".
  • Die Frage, ob er von der Ausreise des genannten Schiffes am 17. Dezember Kenntnis gehabt habe, verneinte er.
  • Die Frage, ob er sonst noch etwas hinzuzufügen habe, verneinte er.
  • Auf die Frage, worauf er seine Aussagen stütze, erklärte er, sie entsprächen der Wahrheit.

Am 20. Dezember 1939 stand noch eine Zusatzbefragung an und der Kapitän Hans Konow wurde nochmals vorgeladen. Hier ging es aber lediglich um die Umstände, die dazu führten, dass die Jollenbesatzung, über die im Abschnitt Die Internierung 1940 1942 berichtet wird, an Bord genommen wurde.


Entscheidung und Internierung

 

Einen Tag später wurde dem Hafenpräfekten FKpt. Juan I. Miller der Untersuchungsbericht übergeben. Der wiederum leitete diesen an den Generalinspektor der Marine Konteradmiral Gustavo A. Schroeder weiter, der ihn an das Bundesverteidigungsministerium überreichte.

In dem Bericht ging es um die Mitwirkung, die das deutsche Handelsschiff "Tacoma" am 17. Dezember 1939 bei der Sprengung des deutschen Panzerschiff "Admiral Graf Spee" und die festgestellten Tatbestände.

  • Das deutsche Handelsschiff "Tacoma" hat am Nachmittag des 17. Dezember 1939 ohne entsprechende Abfertigung und ohne Lotsen den heimischen Hafen verlassen. Aus diesem Grunde hat die Oberste Hafenbehörde nach Artikel 135 der Allgemeinen Lotsenordnung die entsprechende Strafmaßnahme verhängt.
  • Aus der Aussage des Kapitäns des Handelsschiffes "Tacoma" ist zu entnehmen, dass er im geheimen Einverständnis mit dem Kommandanten der "Admiral Graf Spee" gehandelt hat.
  • Weiter, dass er die Besatzungsmitglieder des besagten Panzerschiffs an Bord, der "Tacoma" genommen hat und diese nachher von zwei Schleppern und einer Sandschute, alle argentinischer Nationalität, übernommen wurden.
  • Und es befand sich an Bord der "Tacoma" eine Motorbarkasse des Panzerschiffes und ein paar Reisetaschen von Besatzungsmitgliedern des Kriegsschiffes.

 

Am 30. Dezember 1939 entschied das uruguayische Außenministerium mit der Regierungsverordnung N° 35, dass das deutsche Handelsschiff "Tacoma" als "Hilfskreuzer der Deutschen Kriegsmarine" erklärt wird und dem Schiff eine vierundzwanzigstündige Frist zum Verlassen des Hafens von Montevideo gewährt wird. Im Wortlaut:

 

  • Die Internierung wurde letztlich damit begründet, dass nach Artikel 1 des in Den Haag am 18. Oktober 1907 unterzeichneten Abkommens Nr. XIII eine der grundlegenden Pflichten der Kriegsführenden Staaten ist, die Staatshoheitsrechte der neutralen Mächte zu respektieren und dass sie gleichfalls verpflichtet sind, sich im neutralen Landesgebiet bzw. in neutralen Gewässern sich jeder Handlung zu enthalten die einen Verstoß gegen die Neutralität des Staates bildet in dem sie sich befinden.
  • Wenn Handlungen, wie die am 17. Dezember in den Hoheitsgewässern vom Handelsschiff "Tacoma" auf Befehl des Kommandanten eines Kriegsschiffs einer kriegsführenden Macht vorgenommenen, zugelassen wurden, ist dies eine unzweideutige Verletzung der Neutralität, weil es den kriegsführenden Mächten ausdrücklich verboten ist, die neutralen Häfen oder Gewässer als Basis für Seekriegshandlungen zu benutzen.
  • Die neutralen Regierungen sind laut Artikel 25 des genannten Abkommens ausdrücklich verpflichtet mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln die Überwachung auszuüben, um in ihren Häfen, Reeden und Gewässern, jede Verletzung dieser Regeln zu verhindern.
  • Da Handelsschiffe, die sich in den Dienst "Kriegsführender Staaten" stellen, in Übereinstimmung mit historischen Präzedenzfällen Anlass gegeben haben als Hilfsschiffe der kriegsführenden Kriegsflotten angesehen und behandelt zu werden, sobald sie sich in deren Dienst stellten und da es in solchen Fällen angezeigt erscheint, die einschlägigen Bestimmungen des im Den Haag am 18. Oktober 1907 unterzeichneten Abkommens auf sie anzuwenden, und da die uruguayische Regierung gemäß der Verordnungen vom 05. September 1939, in der sie sich im gegenwärtigen Kriege als neutral erklärt dieses Abkommen einhalten muss:

- beschlossen und verordnet: Der uruguayische Präsident -

  • Artikel 1.- Auf das deutsche Schiff "Tacoma" werden die auf die kriegsführenden Kriegsschiffe Bezug nehmenden Bestimmungen des am 18. Oktober 1907 in Den Haag unterzeichneten Abkommens Nr. XIII angewendet und eine vierundzwanzigstündige Frist festgesetzt, innerhalb der das genannte Schiff den Hafen von Montevideo zu verlassen hat, und es sind ggf. die weiteren Maßnahmen zu treffen, die zur Erfüllung des genannten Abkommens erforderlich sind.
  • Artikel 2.- Eie genannte Frist läuft von dem Augenblick an, in welchem dem Kapitän des Schiffes die vorliegende Verordnung amtlich mitgeteilt wird.

       A.Baldomir  - Präsident

       A.Guani - Aussenminister


  • Am 2. Januar 1940 teilte die Oberste Hafenbehörde dem Generalinspektor der Marine mit das am 31. Dezember 1939 um 6 Uhr 30 Minuten dem Kapitän des deutschen Handelsschiffes "Tacoma", Herrn Hans Konow, der obige Beschluss amtlich mitgeteilt wurde und das die genannte Frist von vierundzwanzig Stunden vom Augenblick dieser Zustellung an läuft.
  • Nachdem am 1. Januar 1940 um 6 Uhr 30 Minuten die für das Verlassen des Hafens von Montevideo gestellte vierundzwanzigstündige Frist abgelaufen war, ohne dass das genannte Schiff der Aufforderung Folge leistete, wurde dem Kapitän Hans Konow von der Generalinspektion der Marine am 01. Januar 1940 um 9 Uhr 15 Minuten amtlich mitgeteilt, dass das von ihm befehligte Schiff nach Maßgabe der hiermit betreffenden Verordnung interniert sei und dass die Mannschaft des genannten Schiffes bis auf Weiteres an Bord zu bleiben hat.
  • Weiter wurde ein Offizier und drei bewaffnete Matrosen vom Personal der Hafenbehörde abgestellt die ständig an Bord des deutschen Handelsschiffes "Tacoma" Wache halten sollten mit dem Befehl nicht zuzulassen, dass egal was unternommen würde werden, um eine Ausschiffung der Mannschaften durchzuführen oder aber nur von Bord zugehen - mit Ausnahme des Kapitäns.

Natürlich wurde die Deutsche Gesandtschaft in Uruguay von der Durchführung der Maßnahmen informiert und naturgemäß wurden Protestnoten überreicht, die höflich aber entschieden abgewiesen wurden.

 

  • Am 23. Januar 1940 wurde aufgrund des Dekretes vom 30. Dezember 1939 im welchem das Schiff mit der deutschen Flagge "Tacoma" zum Hilfsschiff einer kriegsführenden Macht erklärt wurde, auch die Internierung der Offiziere und Mannschaften des Schiffes angeordnet.

Ausklang

 

  • Am 17. März 1942 wurde die "Tacoma" durch die uruguayische Regierung beschlagnahmt und an die U. S. War Shipping Administration. – Panamá verchartert.

Aus unsicheren Quellen wird die Beschlagnahme dahingehen begründet, dass zuvor am 09. März 1942 der uruguayische Frachter "Montevideo" angeblich durch ein deutsches U-Boot versenkt worden war … das stimmte schon damals nicht und weder der Kapitän noch irgendeiner der Besatzungsmitglieder hatten das behauptet bzw. Andeutungen gemacht – trotzdem passte das der uruguayischen Regierung offenbar gut ins Konzept. Zwei Jahrzehnte später wurde der Vorfall endgültig geklärt – es war ein italienisches U-Boot; siehe Die Internierung 1940 – 1942

 

Im Juli 1942 wurde allerdings festgestellt, dass die Besatzung dre "Tacoma" die Turbinenschaufeln und andere Maschinenelemente beschädigt hatten. Hintergrund war die eindeutige Anweisung durch die Reederei, dass im Falle einer Internierung der Kapitän diese Handlungen durchzuführen hätte. Die Turbine wurde also zur Reparatur in die USA geschickt.

 

Nach der Reparatur wurde die "Tacoma" nach Boston / USA überführt, in Panama registriert und in die Flotte der US-Marine im Pazifik integriert; die eindeutige Nummer war nun 83290 - das neue Rufzeichen war jetzt HPLL

 

  • Am 06. Oktober 1946 wurde das Schiff an Uruguay zurückgegeben – bereedert wurde es anschließend von der "Administración Nacional de Puertos" (ANP) – Montevideo. Unter dem Kommando von Kpt. Andres Cikato, lief das Schiff am 23. November 1946 in Montevideo ein; die eindeutige Nummer war nun 5348378 - das Rufszeichen war jetzt CXAY
  • Von da an bis zum Jahr 1951 war das Schiff für die "Armada Nacional del Uruguay". Danach wurde es auf der Route Montevideo Rotterdam eingesetzt und beförderte Stückgut und Kühlfracht; gelegentlich wurde auch die Ostküste der USA angesteuert.
  • Am 19. Oktober 1962 gab es auf der Themse eine Kollision mit dem englischen Frachter "Socotra" - 7754 BRT -  der erhebliche Schäden verursachte.
  • Und am 20. November desselben Jahres, die "Tacoma" lag im Rotterdam, war in den Laderäumen III und IV einen Brand entstanden, wodurch die Kühlkapazität verringert wurde. Nach der Reparatur ging es weiter nach Le Havre ; im Hafen, aufgrund eines starken Sturms, brach die Ankerkette und ein Teil dieser mit Anker ging verloren.
  • Am 28. Februar 1969 läuft das Schiff zu seiner letzten Reise aus und kehrt am 16. Juni 1969 nach Montevideo zurück; kurz darauf am 23. Juli wird es zum Aufleger erklärt und es geschieht zunächst nichts mehr.
  • Erst vier Jahre später, am 02. Juni 1973, und danach es einen neuen hellen Anstrich bekam, wird es zum Kai "Florida" verholt. Unter dem neuen Begriff "Centro de Reclusión Tacoma" diente es nun als Jugendstrafanstalt.
  • Im Jahr 1980 wird die"Tacoma" außer Dienst gestellt und an die ANP zurückgegeben. Die Behörde lässt in den darauf folgenden Jahren das Schiff stetig verrotten; durch die Wassereinbrüche in den Laderäumen bekommt das Schiff anhaltend Schlagseite und das traurige Ende eines stolzen Schiffes, welches in der Vergangenheit zudem Geschichte geschrieben hatte, war dadurch unumgänglich.
  • Im Jahr 1985 wird das Schiff für 65.000 US-Dollar an die Firma Naubal SA verkauft und 1986 im Hafen von Montevideo am selben Kai "Florida" abgewrackt.

 

Auf den unten abgebildeten vier Seiten aus dem "Lloyd´s-Register of Shipping Steamers" ist der Werdegang gut nachzuvollziehen –

  • Im Jahr 1939 gehörte die "Tacoma" noch der Hamburg-Amerika-Paketfahrt AG – (Ham Amr.Linie) und der Heimathafen war Hamburg.
  • Für die Jahre 1946-47 (vorangegangene Jahre waren nicht verfügbar) wird als Eigner die "Administración Nacional de Pue rtos" - ANP - vermerkt - also Uruguay und mit Registrierung in Panama.
  • Für das 1969 (vorangegangene Jahre nicht verfügbar) ändert sich nur die Registrierung - jetzt Montevideo / Uruguay.
  • Zum letzten Mal findet sich die "Tacoma" im Lloyd´s-Register für die Jahre1973-74.

Im Hinblick auf die internierte Besatzung fand ein Teil eine bleibe im Departamento Maldonado - Camino Las Flores 7598 - ca. 100 Km von Montevideo entfernt; andere sollen auf der Quinta "Villa Catalina" untergekommen sein und acht sollen privat gewohnt haben - genaueres war nicht zu erfahren.

Zehn Mann waren im Laufe der Jahre geflüchtet, sieben heirateten und blieben dort; weitere sechs wurden aus Gesundheitsgründen nicht ausgeliefert.

Im Anschluß die Besatzungsliste der "Tacoma"

 

Manche Namen könnten durchaus fehlerhaft geschrieben sein; das lag aber an den uruguayischen Behörden, die mit der Schreibweise nicht immer klarkamen – so wie es auch in Argentinien der Fall war.

 


  • Hans Konow - Kapitän
  • Otto Faller - 1. Offizier
  • Helmut Giessman - 3. Offizier
  • Georg Biermann - Lt. Ing.
  • Ferdinand Reich - 4. Ing.
  • Ulrich Daue - Funker
  • Ernst Aderhold
  • Gerhard Bakrsewski
  • Helmut Bendfeld
  • Max Bergheim
  • Georg Boommgaarden
  • Werner Bruser
  • August Budzun
  • Emil Fischer
  • Walter Furthmann
  • Walter Gerlach
  • Herbert Goedel
  • Paul Gosch
  • Wilhelm Griebel
  • Gerhard Guandel
  • Bruno Habakuth
  • Gustav Hirsch
  • Erich Horack
  • Wilhelm Jensen
  • Kurt Johannsen
  • Josef Koch
  • Walter Kraus
  • Fritz Krause
  • Kurt Kuchenbecker
  • Johann Lannig
  • Wilhelm Lehmann
  • Ferdinand Leschow
  • Günther Lossnitzer
  • Erwin Lueddecke
  • Alois Magerl
  • Paul Marx
  • Adolf Mayer
  • Heinrich Meuwsen
  • Wilhelm Meyer
  • Wilhelm Michelles
  • Walter Müller
  • Kurt Möller
  • Herbert Muhlach
  • Otto Nathan
  • Fritz Nötzle
  • Egon Pelzer
  • Ferdinand Preul
  • Paul Rasmusen
  • Walter Reckwald
  • Johann Karl-Reichel
  • Fritz Rösner
  • Werner Saitz
  • Heinrich Schroeder
  • Anton Schurch
  • Johann Schwarz
  • Heinz Stichler
  • Rudolf Thode
  • Erich Thrautwein
  • Karl Tofelde
  • Conrad Vogt
  • Heinrich Weiland
  • Rudolf Wirth

 



Schwerer Kreuzer HMS "Exeter"

Der Wahlspruch: "Semper fidelis"

York-Klasse - 8390 ts - 32 kn

Leichter Kreuzer HMS "Ajax"

Der Wahlspruch: "Nec Quisquam Nisi Ajax"

Leander-Klasse - 7270 ts - 32,5 kn

Leichter Kreuzer HMNZS "Achilles"

Der Wahlspruch: "Braverly in Action"

Leander-Klasse - 7270 ts - 32,5 kn